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EASA verliert den Beifang Juli 2018
Nach einem schwierigen Meeting 18. Dez. 2017: Adi Eggenberger und Jürgen Lefevere (SMV); GW, Hans Schwägerl, Carl Sonnenschein und Jürgen Heilig (DMFV); Stefan Ronig, Natale di Rubbo und Diego Fernandez Varela (EASA)

Entgegen allen Erwartungen sieht es jetzt, Anfang August 2018, danach aus, als ob eine europäische Kontrolle des Modellflugs gescheitert ist. Der Modellflug sollte der Beifang sein, den die EASA mit an Bord zu ziehen versucht hatte. Doch die vorgesetzte Behörde DG Move schlägt vor, Modellfliegen zurück in die Kompetenz der einzelnen Mitgliedsstaaten zu geben. Wie immer wieder berichtet, hatte die europäische Agentur für Luftsicherheit im Jahr 2016 im Rahmen des erwarteten EU-Auftrags für eine Drohnen-Regulierung nach dem Modellflug gegriffen, und zwar entgegen früheren Absichts-Erklärungen.

EASA NPA von September 2014, S. 6: While this NPA does not intend to propose common rules for model aircraft or toy aircraft, it is, nevertheless, necessary to draw a demarcation line between them and RPAS with the maximum possible legal clarity. (Diese NPA beabsichtigt zwar nicht, gemeinsame EU-Regeln für Flugmodelle oder Spielzeugmodelle vorzuschlagen, dennoch ist es notwendig, eine Abgrenzung zwischen ihnen und ferngesteuerten Flugsystemen mit größtmöglicher rechtlicher Klarheit vorzunehmen.)

EASA A-NPA 2015-10 und Technical Opinion vom 18. Dezember 2015: The intention is to develop rules that will not affect model aircraft flying. (Die Absicht ist Regeln zu entwickeln, die den Modellflug nicht berühren.)

Ganz anders ein Jahr später. Für die EASA gibt es nur noch eine Sorte „UA“:
Prototype 22. August 2016: ‘UA’ (unmanned aircraft) means any aircraft operated or designed to be operated without a pilot on UA" (‚UA‘ [unbemanntes Luftfahrzeug]: jedes Luftfahrzeug, das ohne einen Piloten an Bord betrieben wird oder für den Betrieb ausgelegt ist.)

Und gegen heftigen Widerstand des DMFV und des SMV (Schweizerischen Modellflug Verbandes) wurden dem Modellflug gerade mal drei Jahre Übergangszeit gewährt. In denen sollten nationale Behörden Verbänden oder Klubs eine Betriebserlaubnis erteilen, die sich eng an die Auflagen der „Spezifischen Kategorie“ anschließt, so Artikel 14 des „Prototype“. Strangulierung mit drei Jahren Aufschub.

Opportunisten konnten dem eine Menge abgewinnen. „Die Bundeskommission Modellflug im DAeC wird diesen Lösungsansatz zeitnah mit der EASA kommunizieren, um schnellstmöglich für den Bereich des Modellfluges Betriebs- und Bauvorschriften in Zusammenarbeit mit der EASA formulieren zu können.“ (6. Oktober 2016). Dunkel orakelte der gleiche Autor „Obwohl die EASA den Modellflug ursprünglich nicht separat behandeln wollte, eröffnen sich durch den §15 der Regulation neue Möglichkeiten für den Modellflug.“ Und im Rahmen der CIAM-Tagung am 3. Dezember 2016 präsentierte der FAI-Beauftragte und spätere EMFU-Vizepräsident Bruno Delor den EASA-Übergriff auf den Modellflug voller Optimismus, weil dieser als geschützter Großvater unter lauter Drohnen werde weiterleben dürfen.

Dagegen appellierte der DAeC-Gesamtverband an die Europaabgeordneten: „Dieser Sport wird seit über 100 Jahren sicher ausgeführt und bedarf keines Eingriffs durch den europäischen Gesetzgeber“, so Generalsekretär Udo Beran am 11. Oktober 2016. Recht hatte er. Es bedurfte der Drohung der Schweiz, wegen der geplanten Misshandlung des Modellflugs die gesamte EU-Drohnenverordnung nicht anzuerkennen www.modellflug.ch/news.aspx?contid=10482&kat=29&lang=DE. Der Präsident des SMV, Adi Eggenberger, konnte sich am 18. Dezember 2017 zusammen mit dem DMFV während einer schwierigen Konferenz davon überzeugen, dass rationale Argumente beim zuständigen EASA-Team (geführt von Stefan Ronig, Project Certification Manager) nicht verfangen. Es gab danach zwar Fortschritte, weil die Altersregelung den Mitgliedsländern überlassen wurde und die am 6. Februar 2018 veröffentlichte „Opinion“ eine echte Modellflug-Unterkategorie einführte, auf Seite 21 in der Offenen Kategorie unter C4. Doch viele Streitpunkte blieben offen, darunter eine fragwürdige Definition des Höhenlimits von 120 m über Grund.
EASA-Opinion No1/2018 6. Februar 2108
Tafel S. 21 Open Category in EASA-Opinion No1/2018
Auszug aus der Opinion No1/2018 (Deutsch)


Warum der Einsatz für die „Offene Kategorie“?
Die Gründe, auch beim Fliegen im Rahmen der „Offenen Kategorie“ ordentliche Bedingungen für den Modellflug in Europa zu erhalten, ergänzen sich zwischen DMFV und SMV. In der Schweiz gibt es die Möglichkeit, mit der Privathaftpflicht-Versicherung außerhalb des Aeroclubs Modellflug zu betreiben. Dem DMFV und mir persönlich ging es darum, den Modellflug beim internationalen Austausch nicht eingeschränkt zu wissen: Tritt man jenseits einer Grenze aus den Sonderbedingungen des eigenen Verbandes („Spezifische Kategorie“), muss es im Rahmen der dann unvermeidlichen „Offenen Kategorie“ ein Mindestmaß an Freiheit geben. Deutschland hat mit neun Staaten eine direkte Grenze, und viele Vereine organisieren Modellflugferien in anderen Ländern.

EASA-Workshop 9. Juli 2018

DG Move übernimmt.
Juli 2018 gab es verschiedene Gespräche mit der EASA, im Rahmen des Workshops am 9. Juli zu den Standard-Szenarien für den im Regelfall gewerblichen Drohnenbetrieb, und auch noch danach. Keines dieser Gespräche offenbarte Einsicht der Agentur, dass der Modellflug anders als der Drohnenbetrieb geregelt werden könne. Die EASA zeigte keinerlei Bedenken, ein europäisches Gesetz zu definieren, dessen wesentliche Bedingung beispielsweise im beliebten Hangfliegen gar nicht einzuhalten ist. So können mit unseren Mitteln 120 m Höhe nur über dem Startpunkt gemessen werden – ganz abgesehen davon, dass niemand sein Segelflugmodell freiwillig unterhalb einer Hangkante bewegt, um es stets höchstens 120 m über Grund zu halten.


Jürgen Lefevere im Gespräch mit EMFU-Präsident David Phipps und Bruno Delor

Während noch um das Klein-Klein gestritten wurde, übernahm die Generaldirektion Mobilität der Europäischen Kommission (GD MOVE - die für die Vorbereitung der Gesetzgebung zuständige Abteilung). Sie ist die der EASA vorgesetzte Behörde und erklärte dieser, wo es langgeht. Das EASA-Dogma von der Nicht-Unterscheidbarkeit von Drohnen und Flugmodellen wird nicht einmal erwähnt. Angesichts der gewaltigen Klatsche informiert die EASA brav, dass ihr Einfluss auf den Modellflug - aller Voraussicht nach - beendet ist, und fragt auch noch die Europäische Modellflug Union, ob ihre Mitglieder wohl damit einverstanden sind. Offenbar hatten diese bis dato eine Menge Einverständnis signalisiert, sich von den Regeln der Agentur kujonieren zu lassen. Stockholm-Syndrom? Es ist wohl eher so, dass etliche nationale Behörden in Europa so strikte Vorstellungen gegen den Modellflug auf den Weg bringen wollen oder bereits gebracht haben, dass man lieber die EASA-Regeln zu akzeptieren bereit war.

Laut EASA enthält der jüngste Entwurf der EU-Gesetzgebung zu Drohnen nur noch einen einzigen Verweis auf Flugmodelle, und zwar in einem neuen Artikel 17, der sich eng an die Ausnahmeregelung für Modellclubs und -verbände anlehnt, die seit 2016 von der EASA vorgeschlagen wird:

Artikel 17
UAS-Betrieb im Rahmen von Modellflugvereinen und -verbänden
1. Die zuständige Behörde kann einem Modellflugclub oder -verband eine Betriebsgenehmigung gemäß den einschlägigen nationalen Vorschriften ausstellen.
2. In dieser Betriebsgenehmigung werden die Bedingungen festgelegt, unter denen der Modellflugclub oder -verband seine Tätigkeit fortsetzen kann, und sie ist auf das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats beschränkt, in dem sie erteilt wurde.
Article 17, July 27, 2018

EASA-Vertreter bestätigten, dass alle anderen Verweise auf Flugmodelle gestrichen wurden, auch aus dem Anhang (Annex) des aktuellen Verordnungsentwurfs von DG Move.

Was bedeutet das?
Durch den Verzicht auf jegliche Bezugnahme auf "Mitgliedschaft" wie den ausdrücklichen Hinweis "im Rahmen von" gibt es völlige Flexibilität, für was eine solche Betriebsgenehmigung gelten soll. Bei internationalen Wettbewerben würde man z.B. keine Mitgliedschaft im nationalen Verband von internationalen Gastpiloten verlangen müssen; Mitgliedschaften in anderen europäischen Verbänden könnten gegenseitig anerkannt werden.
Die Betriebsgenehmigung ist jetzt eigenständig und kann prinzipiell jedes Problem, einschließlich der maximalen Flughöhe, der Registrierungsanforderungen, der Kenntnisnachweise usw., lösen. Sie kann von allen in der endgültigen UAS-Verordnung behandelten Regeln freistellen, weil sich diese auf Drohnen und nicht auf Flugmodelle bezieht.
Laut Annex der „Opinion“ vom 6. Februar 2018 sollten nach dem Willen der EASA die europäischen Modellflug-Verbände und Vereine verpflichtet sein, ihre Mitglieder umfangreichen Schul- und Kontrollmaßnahmen zu unterziehen und Widerspenstige den Behörden zu melden (Annex S. 8 f., UAS.SPEC.055). Jetzt aber will die EU-Generaldirektion Mobilität dann doch lieber auf Auflagen verzichten, wie sie auch Erich Mielkes Stasi eingefallen wären.

Bleiben zwei Probleme
1. Wird DG-Move das letzte Wort behalten, obwohl ihr aktueller Entwurf noch abzustimmen ist?

2. Werden nicht EU-Mitgliedsländer die Chance nutzen, den Modellflug so zu beschränken, dass das Ergebnis schlechter wird als das von der EASA vorgestellte Reglement?

Zu 1. Einsprüche können jetzt von anderen Generaldirektionen kommen (DG Growth) oder vom Rechtsdienst. Voraussichtlich Mitte September gibt es dann einen offiziellen Rechtstext, zu dem dann die Mitgliedsstaaten Stellung nehmen. Irgendwann wird förmlich abgestimmt, und die EU-Verordnung wird Gesetz, das Landesrecht bricht (2019).

Zu 2. Dass die Mitgliedsländer einem Gesetz widersprechen, dass ihnen die gesetzliche Regelung des Modellflugs nicht nimmt, sondern ausdrücklich belässt, ist kaum zu erwarten. Das Problem ist der mögliche Flickenteppich, der jetzt mit nationalen Regelungen entstehen kann, die sich gegenseitig widersprechen. Ich hatte am 27. Februar die Europa-Abgeordnete Gabriele Preuss (SPD, Mitglied im Verkehrsausschuss) im Namen des DMFV aufmerksam gemacht:

„Wir [sehen] ein starkes Spannungsverhältnis zwischen dem Erwägungsgrund 20 c) der EASA GV, für den Sie sich so erfolgreich eingesetzt haben, und der Realität, wie sie nach EASA-Vorschlag Wirklichkeit werden sollte. Denn EASA nimmt die Sicherung des Modellflugs keineswegs selber vor – sie überlässt das in Article 6 den Member States. Diese können dann nach Gutdünken – ‚the competent authority may issue an operational authorisation‘ - Verbänden die Freiheit geben, im Rahmen nationaler Regelung Modellflug zu betreiben.“

Später, nach einigem Hin und Her, schrieb Gabriele Preuss:
„In der Tat ist es richtig, dass den nationalen Behörden bei der Umsetzung Spielraum zukommt, der durchaus zu unterschiedlichen Anforderungen führen könnte. Allerdings müssen sich die EU-Mitgliedsstaaten dabei im Rahmen der EASA Grundverordnung und damit auch des besagten Erwägungsgrundes bewegen. Die sich in Deutschland abzeichnende Lösung … könnte dabei aus meiner Sicht als Vorbild auch für andere EU-Staaten gelten…“
(27. Juni 2018).

So oder so – es wird die Aufgabe der nationalen Verbände sein, mit ihren jeweiligen Luftfahrtbehörden ordentliche Bedingungen für den Modellflug auszuhandeln. Nicht immer und überall wird der Abzug einer Besatzungsmacht als Befreiung empfunden. Aber dieser erlaubt dann auch die Erkenntnis, dass es im Fußball zwei Tore gibt, und dass man drauf und dran war, den Ball jubelnd ins eigene Tor zu dreschen.
DAeC Eigentor Juli 2018
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